Die wichtigste Person in der Waldorfpädagogik ist der Klassenlehrer oder die Klassenlehrerin, welcher oder welche die Schülerinnen und Schüler die ersten 8 Jahre begleitet. Er oder sie gibt die Lehrinhalte aus dem von Rudolf Steiner erarbeitetem Lehrplan vor. Die Schülerinnen und Schüler folgen der Autorität des Lehrer aus Zuneigung.

Anders als von anderen Schulsystemen bekannt, spiegelt sich der therapeutische Aspekt des sich wiederholenden, vertiefenden Tuns auch formal im Unterricht bzw. im Stundenplan wider: Morgens zunächst die intellektuellen Fächer, eines schwerpunktmäßig 3-4 Wochen hindurch (Epochenunterricht), dann Sprachen und je später der Tag, um so mehr handwerkliche, künstlerische sowie Bewegungsfächer.

Der Unterricht gliedert sich in Hauptunterricht und Fachunterricht. Der Hauptunterricht dauert 110 Minuten, von 8:00 bis 09:50 Uhr, und wird von KlassenlehrerInnen bzw. in der Oberstufe von FachlehrerInnen in Epochen erteilt. Der Fachunterricht dauert 45 oder 90 Minuten und wird von FachlehrerInnen erteilt. Der Stundenplan versucht, durch ein ausgewogenes Tagespensum auf den Kräftehaushalt der SchülerInnen Rücksicht zu nehmen.

Eine Reihe von Fächern, wie Deutsch, Mathematik, Geometrie, Sachkunde, Geographie, Geschichte, Biologie, Physik, Chemie, Formenzeichnen u.a. werden im Hauptunterricht in Epochen unterrichtet. Diese haben eine Dauer von 3 – 5 Wochen und ermöglichen durch die tägliche Zuwendung eine intensive Beschäftigung mit dem jeweiligen Fach. Die Epoche sollte wie jeder einzelne Unterricht eine deutliche Gestalt zeigen, z.B. die Elemente Wiederholung, Neuerarbeitung und Höhepunkt sowie eine altersgemäße Sicherung der Inhalte berücksichtigen. Durch die zeitliche Komprimierung und dem von den SchülerInnen selbst gestalteten Epochenheft, in dem sie Erarbeitetes in Form von Texten und Zeichnungen festhalten, wird eine tief gehende Verbindung mit den Inhalten angestrebt. In den meisten Fächern dürfen die Inhalte der Epoche solange ruhen, bis eine neue Epoche des Faches wieder auftaucht. In der Zwischenzeit sind die SchülerInnen gereift und begegnen der Wiederholungsphase mit neuen Fähigkeiten. Der Epochenunterricht wird bis Klasse 8 in der Regel von KlassenlehrerInnen durchgeführt, in der Oberstufe ab Klasse 9 von den jeweiligen FachlehrerInnen.

In den Klassen 1 bis 8 wird der Hauptunterricht in der Regel von den KlassenlehrerInnen erteilt, die ihre Klassen möglichst durchgehend ohne Wechsel führen. Die acht Klassenlehrerjahre lassen sich gliedern in die Stufen 1. bis 3. Klasse, 4. und 5. Klasse und 6. bis 8. Klasse. In der ersten Stufe wird noch stark mit den Nachahmungskräften und der reichen Phantasiewelt der Kinder gearbeitet. Alle Inhalte sollen getan und stark durchlebt werden. Die LehrerInnen sind nicht die Belehrenden, sondern die Mittuenden und Miterlebenden. Weitere Informationen zum Lehrplan der ersten, zweiten und dritten Klasse kann man beim Waldorf-Ideenpool finden.

In der zweiten Stufe kommt es zur Begegnung mit entfernteren Wissensgebieten (z.B. Geschichte, Erdkunde). Die Inhaltsvermittlung stützt sich nun viel stärker auf das gesprochene Wort. Die Inhalte werden bildhaft dargestellt. Das bedeutet, dass die SchülerInnen emotional starke, ganzheitliche Szenen dargestellt bekommen, mit denen sie sich motiviert verbinden können. So fällt die Aneignung des Gebotenen leichter und kann selbständig wiedergegeben werden. Auch hier bietet der Waldorf-Ideenpool Anmerkungen zum Lehrplan der vierten und fünften Klasse.

Erst in der dritten Stufe werden die SchülerInnen an das kausale Denken herangeführt. Nun geht es darum, selbständige Überlegungen zu wecken und die eigene Urteilsfähigkeit auszubilden. Die LehrerInnen assistieren den SchülerInnen bei der gedanklichen Durchdringung der Phänomene. (Genauere Informationen zum Lehrplan der sechsten, siebten und achten Klasse.)


Unsere Lehrerinnen und Lehrer, von links: Herr Andras, Frau Meyer, Frau Brüseke, Frau Breuer, Frau Dörmann, Frau Borgelt, Frau Böddeker. Foto: Franz-Josef Nasch

In der Oberstufe wird der gesamte Unterricht von FachlehrerInnen übernommen. KlassenbetreuerInnen stehen ihren Klassen in allen Angelegenheiten zur Seite. Die eigenständige gedankliche Durchdringung des Unterrichtsstoffs und das selbständige
Arbeiten und Lernen werden sukzessive ausgeweitet. An den großen Vorbildern aus Wissenschaft, Kunst und Religion sollen die SchülerInnen ihr Erkenntnisvermögen, ihr ästhetisches Urteil und ihre moralischen Kräfte schulen. Unterschiedliche Praktika, Projekte und Klassenfahrten geben neben den Unterrichtsinhalten die Möglichkeit einer reichhaltigen, eigenständigen Welterfahrung. Die künstlerischen und handwerklichen Fächer dienen der Selbsterfahrung in besonderem Maße, denn sie zeigen objektiv, ob das anvisierte Ziel erreicht wurde.

An den Hauptunterricht schließt sich der Fachunterricht auf den Gebieten an, die ein ständig wiederholendes Üben erfordern, also insbesondere Sprachen, Handwerk, Kunst und Bewegungsfächer. Musik und Eurythmie werden in allen Klassenstufen unterrichtet. Aus dem Handarbeitsunterricht der ersten Klasse entwickelt sich im Laufe der Schulzeit ein breites Spektrum verschiedener Gewerke, die neben dem Erwerb entsprechender Fertigkeiten auch Lebenskunde und Lebenspraxis vermitteln. Ab Klasse 5 kommen die Fächer
Handwerken und Gartenbau hinzu. Die bildenden Künste treten erst in der Oberstufe als gesonderte Fächer auf; der Malunterricht in den Klassen 1 bis 8 findet im Hauptunterricht statt. Sportunterricht wird in allen Klassen erteilt, bis Klasse 3 als Spielturnen.
Die Fremdsprachen Englisch und Russisch werden ab der ersten Klasse unterrichtet. In der Oberstufe treten weitere Unterrichtsgebiete hinzu, beispielsweise Medien/Informatik und Wirtschaftskunde.